Argumente fehlen da!

Es wird vielleicht etwas verwundert haben, dass auf afdwatch.de mit einem Mal keine neuen Beiträge mehr kamen. Das Blog wurde Anfang Mai gestartet und fand auch Dank der Starthilfe von Popcornpiraten schnell Verbreitung. Es kam einiges an Input für die Text auf dem Blog. Doch die Auseinandersetzung mit der AfD war mit dem Blick in menschliche Abgründe und der Betrachtung von kruden politischen Thesen verbunden – Beschimpfungen inklusive.

Waren die Querelen in den verschiedenen Landesverbänden noch zu Anfang einigermaßen interessant aufzuarbeiten, so wiederholten sich die Muster bei den innerparteilichen Machtkämpfen und wurden langweilig. Gleiches gilt für die Unterwanderung von rechts. Unweigerlich stößt man in diesem Zusammenhang bei der Recherche auf Ecken im Internet die tiefbraun blubbern und brodeln.

Wen wundert da schon der Applaus von rechts außen, wenn Bernd Lucke bei der Zuwanderung von „einem Bodensatz, der lebenslang in unseren Sozialsystemen verharrt.“ spricht. Zwar schränkt er das auf wenig gebildete und der deutschen Sprache nicht mächtige Menschen ein, aber die Stoßrichtung ist klar und zeigt, dass Lucke mit dem Bedienen von Ressentiments ein bestimmtes Wählerklientel abschöpfen möchte.

Als Betreiber dieser Webseite wird man dann gefragt: „schmutz werfen statt engagieren. warum nicht gleich steine?“ Es wird unterstellt, man hätte furchtbare Kindheit gehabt.

„Ihre Schmierenkampagne gegen die AFD ist doch einfach nur armselig und primitiv. Sie sollten sich lieber um die wirklichen Zerstörer unseres Staates, die Blockparteien CDUCSUSPDFDPGRÜNE, kümmern. Oder werden Sie von diesen Parteien gesponsort?“

Verschwörung! Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Aber afdwatch.de hat nur Geld und Zeit gekostet. Dieses „Das wird man doch mal sagen dürfen!“, welches mantraartig in der Kommunikation der AfD mitschwingt, gilt auch nur für eine ausgewählten Personenkreis – die Piraten gehören da auch nicht dazu.

„Boah, echt langweilig wie Gülle eure Homepage… wie die verkifften Piraten habt ihr es eben einfach nicht drauf…“

Gäähn!

„Was für widerliche Verräter seid ihr denn? Baaahhh, pfui Teufel!“

Doppel Gääääähn!

„Medien sollten Neutral über politik schreiben und nicht Parteien schlecht reden.“

Entzückend! Medien können Politiker vor sich hertreiben, weil sie Angst haben. Ein Unternehmen, welches man vielleicht schon gar nicht mehr als Verlag bezeichnen kann, beherrscht dies vortrefflich. Die Politiker spielen den Medien dabei in die Hände.

„Wirklich sehr unterhaltsam Ihre Seite! Allerdings OHNE einen wirklichen Informationsgehalt. Null-Info nennt man sowas. Dafür eine webpage zu unterhalten zeugt vom Impetus, der angefacht ist: Zersetzung.“

Nun kann sich afdwatch.de durchlesen, wer will, und selbst urteilen. Nur eins zu typischem Gruppenverhalten: ein gemeinsamer Feind schweißt zusammen.

„Ich melde Ihnen hiermit den interessanten Hinweis, daß Sie Menschen auffordern, interessante Hinweise bei Ihnen zu “melden”. Meldepflicht, Helmpflicht, und wie geht das bei Ihnen weiter?“

Genau, wer hat euch eigentlich erlaubt über die AfD zu schreiben!

„Achtung Achtung! hiermit melde ich Ihnen, daß ich heute abend fernsehe.“

Keine weiteren Fragen euer Ehren!

„Ihr passt aber auch gar nicht auf: jetzt hat die AFd schon 80.000 Unterschriften gesammelt und Ihr lebt immer noch im Mai!!!

Was seid Ihr denn für eine lahme Truppe? Oder findet Ihr nix mehr zum Ätzen?

Arschlöcher, armselige!!“

Solche Leute sind der Grund, warum die Lust geschwunden ist, sich mit einer derartigen Partei auseinanderzusetzen – sei sie nur rechtspopulistisch oder habe sie ein fragwürdiges Verständnis von Demokratie. Statt sich inhaltlich mit dem Blog auseinanderzusetzen, wurde in den Zuschriften gezetert – denn offenbar war man nicht in der Lage Argumente hervorzubringen. Das unterfordert intellektuell und macht nur schlechte Laune.

„Ihr Blatt ist demokratiefeindlich und rechtspopulistisch!

Sie lügen und ätzen von morgens bis abends, weil Sie selbst zutiefst undemokratisch und intolerant sind. Sie sind ein Zerstörer

[Name der Redaktion bekannt], seit 70 Jahren aktiv für Demokratie und RECHT… hab IHnen einiges voraus Sie armleuchter!“

Ohne Umgangsformen – vielleicht auch seit 70 Jahren. Aber anscheinend ist es bei Anhängern der AFD üblich, mehr mit Beschimpfungen als mit Argumenten überzeugen zu wollen.

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In diesem Sinne wünscht afdwatch.de allen AfD-Anhängern alles Gute, etwas mehr Einsicht und Selbstreflexion – gerade jetzt vor der Wahl.

Scharmützel im Vorfeld des Parteitags in Hessen

Streit und Ränkespiele begleiten den noch jungen Landesverband in Hessen. Am kommenden Samstag den 8. Juni findet in Kassel der Parteitag statt, auf dem die AfD-Hessen gedenkt die Listenaufstellung für die Bundestagswahl und Landtagswahl in Hessen vorzunehmen.

Anders als hr-online behauptet, findet der Parteitag, nach Aussage des Landesvorstandessprecher Eberhard Clamor Freiherr von dem Bussche, nicht in Gießen sondern in Kassel statt. Da man nicht wisse, ob die Zeit in Kassel ausreiche, um allen Bewerbern eine angemessene Zeit zur Vorstellung ihres Programms zu geben, wurde für den 15. Juni zur Fortsetzung des Parteitages nach Gießen eingeladen.

Die Wahl des Ortes war zu einem Streitpunkt geworden, da man im Umfeld der südhessischen Kreissprecher der Ansicht ist, der Großteil der Mitglieder der AfD-Hessen komme aus dem Süden und würde durch die lange Anreise abgeschreckt. Dem Vorstand wird in diesem Zusammenhang „unprofessionelles“ Arbeiten vorgeworfen und der geschlossene Rücktritt des Landesvorstands gefordert. Einer der Kreissprecher äußerte sich gegenüber hr-online wie folgt.

„Wir sind mittlerweile über 1.400 Mitglieder bei der AfD in Hessen und wollen uns die Ziele unserer Arbeit nicht durch eine Hand voll Machtpolitiker zerstören lassen“

Zuvor hatten die Kreisvorstände in einer Pressemitteilung ihrem Unmut Luft gemacht.

„Der Landesvorstand der AfD Hessen gefährdet durch Unprofessionalität die Teilnahme der neugegründeten Partei bei den anstehenden Bundestags- und Landtagswahlen.“

Eigentlich hatte man versucht über ein Schlichtungsgespräch eine Klärung des Streits herbeizuführen. In Zuge dessen hatten die elf Sprecher den Landesvorstand zum Rücktritt aufgefordert. Dieser kam dem Ersuchen nicht nach, was zum Scheitern des Schlichtungsgespräches führte. Das Vorgehen der Südhessischen Sprecher wird als Coup gewertet, den Landesvorstand vor dem Parteitag neu zu besetzen. Man sieht darin einen Versuch einiger Frustrierter, die im Mai nicht in den Landesvorstand gewählt wurden und sich nicht damit abfinden möchten.

Gleichzeit wird Mitgliedern des Landesvorstandes Profilierungsgehabe vorgeworfen. Jochen Prinz, Sprecher des mitgliederstärksten AfD-Kreisverbands aus Frankfurt, spricht dies offen an.

„Im Landesvorstand haben einige Leute nur die eigene Profilierung im Fokus und arbeiten nicht im Sinne der vielen Mitglieder, die in den letzten Wochen und Monaten zu uns gekommen sind.“

Aber auch die Bundespartei hat auch einen Teil der Streitigkeiten mit zu verantworten. So ging es bei dem Gründungstag des Wiesbadener Kreisverbands hoch her, als Susanne Pöpel die Stimmberechtigung und die Kandidatur für Ämter verweigert wurden. Pöpel hatte die FDP mit dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit der FDP diese verlassen und wollte in der AfD eine neue politische Heimat finden. Doch das schlechte Management Bundesmitgliederverwaltung führte dazu, dass sie bei der Gründung des Kreisverbandes keine Mitgliedschaft nachweisen konnte. Doch Pöpel ware nicht die Einzige, der es so erging. Von den 71 Mitgliedern waren gerade mal 24 offiziell bestätigt und damit wahlberechtigt. Angeblich habe ein Softwarefehler diesen „Stau“ verursacht.

Die Streitigkeiten in Hessen kommen für die Partei insofern ungelegen, da sie damit wertvolle Zeit vergeudet. Nach den uns zugespielten Informationen, gab es den Wunsch der Parteiführung bereits am letzten Wochenende die Aufstellung der Listen vorzunehmen. Mitglieder äußern die Befürchtung, die machtpolitischen Querelen könnten dazu führen, dass die Arbeit der letzten Wochen und Monate für die Katz war.

AfD-Parteitag in Nürnberg: Die Luft ist raus

Nach den Vorstandsquerelen um Wolf-Joachim Schünemann und Martin Sichert, dem auch rechtsextreme Äußerungen vorgeworfen wurden, wählt der Landesverband auf einem Sonderparteitag einen neuen Landesvorsitzenden. Schünemann waren auf dem Parteitag in Ingolstadt Vorwürfe bezüglich seines Demokratieverständnis gemacht worden. Von „putin-ähnlichen Zuständen“ war gar die Rede.

Sichert war als neuer Landesvorsitzender gewählt worden, doch die Wahl wurde wegen einer möglichen Manipulation für ungültig erklärt. Als neuer Vorsitzender wurde Andre Wächter aus Coburg, der nach eigenem Bekunden kein Eurogegner sei.

Weder Schünemann noch Sichert waren erneut angetreten und machten damit das Feld frei für neue Kandidaten. Die innerparteilichen Streitereien sollten endlich ein Ende haben. Nach Aussagen der Nürnberger Zeitung, waren lediglich 265 der rund 1800 bayerischen Mitglieder AfD zum Parteitag anwesend. Bernd Lucke ließ Die Welt wissen, dass die Teilnahme der AfD an der Landtagswahl in Bayern vom Tisch sei. Das deckt sich auch mit der Berichterstattung der Nürnberger Zeitung.

„Zur bayerischen Landtagswahl wird die AfD nämlich noch nicht antreten. Die Luft ist daher für viele Anhänger „raus“.“

Dies steht indes im Widerspruch zu einem Interessanten Problem vor dem die AfD Bayern steht. Dort gibt es 180 Kandidaturbewerber für die Bundestagwahl. Lucke kommentiert das Problem folgendermaßen.

„Gerichte schreiben uns vor, dass jeder Kandidat die Möglichkeit haben muss, sich einer Landeswahlversammlung vorzustellen mit einer Redezeit von zehn Minuten. Und wenn man das bei 180 Kandidaten machen will, stößt man an Grenzen, weil keine Landeswahlversammlung das durchhalten kann.“

Wie der Focus berichtet, kursiert die Idee, die Kandidatenvorstellung ins Internet zu verlagern. Was ebenfalls keine Lösung wäre, wie Lucke meint.

„Aber auch das ist keine grundsätzliche Lösung, weil sich niemand 180 PDF-Dateien im Netz anschaut“

Zudem ist es fraglich inwiefern diese Idee den Anforderungen durch § 21 (3) des Bundeswahlgesetzes genügt.

„Die Bewerber und die Vertreter für die Vertreterversammlungen werden in geheimer Abstimmung gewählt. Jeder stimmberechtigte Teilnehmer der Versammlung ist hierbei vorschlagsberechtigt. Den Bewerbern ist Gelegenheit zu geben, sich und ihr Programm der Versammlung in angemessener Zeit vorzustellen.“

Es ist daher nicht auszuschließen, dass ein möglicher Bewerber die Wahl anficht, weil er glaubt, ihm sei nicht die angemessene Zeit zugestanden worden, sein Programm der Versammlung vorzustellen. Und beim Anfechten von Wahlergebnissen ist bei der AfD die Luft noch nicht raus.

Widerspruch gegen die Landeswahlveranstaltung der AfD NRW

Uns hat ein Schreiben von Stefan Soppe aus Bottrop erreicht, das sich an die Landeswahlleiterin von Nordrhein-Westfalen Helga Block richtet. Damit stellt Soppe einen „Antrag auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Wahl für die Landesliste der Alternative für Deutschland (NRW)“. Er legt damit offiziell Widerspruch gegen die Landeswahlveranstaltung der AfD NRW ein, die am 4. und 5. Mai in Schmallenberg im Hochsauerlandkreis stattgefunden hat.

Als Begründungen führt Soppe an.

„Ich hatte mich formgerecht als Kandidat für die Landesliste gemäß den Richtlinien des vom NRW Vorstand aufgestellten Statuten beworben. Dabei mussten die Kandidaten ihren expliziten Willen zur Kandidatur dem Vorstand mitteilen (s. Anlage 1; Bewerbung zur Landeslistenkandidatur vom 21.04.2013), der wiederum die Kandidatur in der Form annahm, dass die Kandidaten die Möglichkeit bekamen sich im Internet mit Hilfe eines Passwortes ([…]) auf folgender Seite (http://www.nrw-alternativefuer.de ) vorzustellen (s. Anlage 2; Vorstellung zur Listenkandidatur). Meine Vorstellung im Internet war bis zum 06.05.2013 jedermann zugänglich.“

Weiterhin gibt er an, aus Solidarität zu seinen Kollegen der Bottroper AfD, die sich die 2 tägige Reise nach Schmallenberg nicht hätten leisten können, auf die Fahrt nach Schmallenberg verzichtet zu haben.

„Ich wollte ihnen nicht in den Rücken fallen und nur aus selbstsüchtigen Gründen alleine die Reise antreten. Allerdings verzichtete ich nicht auf meine Kandidatur für die Landesliste, was ich dem Landesvorstand via Mail, da es noch kein Faxanschluss der Partei gab, fristgerecht am Freitag, den 03.05.2013 mitteilte (s. Anlage 3; Aufrechterhaltung der Kandidatur mit der Unwiderruflichkeitszustimmungserklärung gem. § 15 BwahlG). Diese ist somit in den Hoheitsbereich der Parteiführung ordnungsgemäß gelangt und gilt i.S.v. § 312 g BGB in Verbindung mit §§ 130 ff. BGB als zugegangen und somit rechtswirksam. Infolgedessen ist meine Kandidatur für die Landesliste rechtmäßig gewesen.“

Verschiedene Mitglieder, die ihn wählen wollten, fragten bei Soppe selbst und beim Vorstand in Person von Prof. Dr. Alexander Dilger nach, warum er auf keine Liste zur Wahl stünde.

„Dilger antwortete, dass Soppe wohl seine Kandidatur zurückgenommen habe. Ich war sehr erzürnt und bat Herrn [Name der Redaktion bekannt], die Situation klarzustellen. Der Vorstand beriet sich und weigerte sich uneinsichtiger Weise meine Wahl bzw. Kandidatur zur Wahl zuzulassen, obwohl ich mein Kommen fristgerecht abgesagt habe und meine Kandidatur (s.o) aufrecht erhielt. Infolgedessen hat der NRW Landesvorstand der Alternative für Deutschland sämtliche demokratisch legitimierten Regeln gegen meine Person gebrochen, so dass daher eine Wahl meiner Person unmöglich wurde.“

Ohne den Eingriff von Dilger wäre es nach Ansicht von Soppe zu einem anderen Ergebnis gekommen und damit wurde ihm zu Folge die Wahl verfälscht.

„Hätte der NRW Vorstand der AfD – unter der Leitung des Herrn Prof. Dr. Alexander Dilger – meine Kandidatur rechtmäßigerweise und richtigerweise zugelassen, so wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein völlig anderes Listenwahlergebnis zustande gekommen, wie es nun zustrande gekommen ist. Somit ist die Wahl gem. Bundeswahlgesetz fehlerhaft.“

Wegen der aufgeführten Gründe sieht Soppe die Wahl als ungültig an.

„Auf Grund dieser Kausalität und obig ausführlichen Erklärungen, ist die Landeswahlversammlung der AfD (NRW) ungültig.“

Nach Aussagen von Herrn Soppe gibt es zudem zahlreiche weitere Widersprüche gegen Landeswahlveranstaltung der AfD NRW, die sich in Schmallenberg zugetragen hatte.

Das Märchen von der disziplinierten und gar nicht chaotischen Alternative

„Im Dialog“ mit Alfred Schier fragt dieser Bernd Lucke, ob er nicht Angst habe als Ein-Themenpartei wie die Piratenpartei schnell wieder abgeschrieben zu sein.

„Nein, nicht wirklich. Also zum einen sind wir strukturell ganz unterschiedlich gegenüber den Piraten. Die Piraten haben oft so ein chaotisches Verhalten an den Tag gelegt. Das ist bei uns eigentlich ganz anders. Wir haben eine sehr disziplinierte und sehr geschlossene Mitgliedschaft. Wir sind uns einig in unseren Zielen und diese Ziele sind eben nicht nur das eine Thema, zudem wir ständig befragt werden. Und weil wir ständig zu diesem einen Thema gefragt werden, werden wir vielleicht als Ein-Themenpartei angesehen.“

Hier divergiert die Darstellung von Lucke von der tatsächlichen Situation in den Landesverbänden, die er selbst auch besser kennt und als „massive Konflikte in mehreren Landesverbänden“ bezeichnet. Die Piraten fielen durch chaotische Personalquerelen auf, doch die AfD steht ihr in diesem Bezug um nichts nach. Im Gegenteil, Personalquerelen waren in der Piratenpartei in den ersten Jahren eher selten. Derzeit brodelt es in den Landesverbänden von Bayern, Berlin und Niedersachsen so stark, dass notfalls gesamte Landesvorstände zurücktreten und neu gewählt werden müssten – quasi par Ordre du Mufti Lucke.

Vom Bayerischen Rundfunk befragt, äußert sich ein Anwesender des Parteitags der bayerischen AfD in Ingolstadt.

„Schlimmer geht es nicht, wenn Amateure versuchen eine Partei zu gründen. Und sich vorher nicht erkundigen, wie man das macht. Und wie die Formularien sind; wie sie abzulaufen haben; ist das so was von hirnrissig, dass man sagen kann, dass kann nur schief gehen.“

Die Behauptung, die Mitgliedschaft wäre sehr diszipliniert und sehr geschlossenen, ist wohl einfach ein Märchen, das Bernd Lucke über seine Partei verbreiten möchte.

Rechte Spinner und 99% tadellose Bürger

Bernd Lucke war bei Alfred Schier „im Dialog“. In dieser Politsendung unterstellte Schier, es wären in der Partei „jede Menge Spinner dabei“ und will von Bernd Lucke wissen, wie er verhindern möchte nicht zum Sammelbecken für Rechtsextremisten zu werden.

„Zunächst einmal, es sind überhaupt nicht viel Spinner dabei. Es ist eine Handvoll, vielleicht von Spinnern dabei. Das ist natürlich unvermeidlich, dass wir auch solche Leute anziehen. Aber wirklich 99% unserer Mitglieder sind tadellose Bürger, die voll im Leben stehen – viel mehr im Leben stehen als manche Parteikarrieristen, die sich in anderen Parteien tummeln. Es ist natürlich so, dass es auch diese wenigen Spinner gibt. Gibt zum Teil nur harmlose Spinner und zum Teil es gibt dann auch Leute, die aus rechtsextremen Parteien kommen…“

Da versucht die AfD schon die Aufnahme zu verhindern, indem sie nach vormaligen Parteimitgliedschaften fragt. Nach eigenem Bekunden zählt die AfD derzeit etwa 11.500 Mitglieder. Folgt man der von Lucke in den Raum gestellten und unbelegten Zahl von 99%, dann fallen selbst dann über hundert Mitglieder, in die Kategorie „Spinner“. Aber es wären ja vielleicht nur eine Handvoll Spinner. Vielleicht weiß Lucke auch gar nicht so genau, was in seiner Partei los ist und kann diesbezüglich gar keine belastbare Aussage machen.

Viel interessanter ist allerdings die Behauptung, es sei „natürlich unvermeidlich, dass wir auch solche Leute anziehen.“ Heribert Prantl bringt seine Meinung über die Parteigründung der AfD folgendermaßen zum Ausdruck.

„Die “Alternative” ist, wie es Parteineugründungen fast immer sind, vorerst ein suspektes Sammelbecken sowohl von gescheiten als auch von gescheiterten Menschen.“

Insofern teilt er in gewisser Weise die Einschätzung von Lucke. Wenn man sich dann aber Äußerungen von Lucke wie im Streitgespräch mit Dennis Snower ansieht, fällt auf wie er Ressentiments schürt, die gerade von rechts beklatscht werden.

„Es soll doch jeder nach seiner Façon glücklich werden! Wenn die Arbeitsmoral in anderen europäischen Ländern nicht der deutschen entspricht, dann sollen die Leute dort so arbeiten, wie sie wollen.“

Es wurde nachgefragt.

„Glauben Sie, dass die Arbeitsmoral in Südeuropa schlechter ist?“

Lucke bekräftigte.

„Ja, ganz klar. Aber lassen wir die Menschen doch so leben, wie es sie glücklich macht. Wenn die Menschen in diesen Ländern weniger und entspannter arbeiten wollen und dafür weniger Wohlstand in Kauf nehmen, bitte schön. Das eigene Glück zu verfolgen ist doch ein elementares Recht jedes Volks. Wenn wir Deutschen andere Länder respektieren wollen, sollten wir ihnen zugestehen, wieder so zu leben, wie sie es wollen.“

Zudem ist es nicht ersichtlich, warum Lucke ausgerechnet an dieser Stelle, der These über die Faulheit anderer Länder von Merkel folgt. Gibt es Zahlen, die diese Behauptung belegen, oder ist dies nicht als Märchen widerlegt?

Lucke spricht viel davon, die Südländer müssten wieder wettbewerbsfähig gegenüber Deutschland werden. Dass die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland auch mit einer massiven Ausweitung des Niedriglohnsektors, einer Subventionierung von Unternehmen in diesem Bereich und einer Stagnation der Reallohnentwicklung erkauft wurde, spart Lucke aus. Von europäischen Nachbarn wurde Deutschland Lohn- und Sozialdumping auf Kosten der Partnerländer vorgeworfen. Es ist daher auch wenig verwunderlich, wenn dies an der deutschen Arbeitnehmerschaft nicht spurlos vorübergeht.

 

[Update] Bayern: Schwere Vorwürfe gegen fast Landeschef Martin Sichert

Martin Sichert war zur Wahl als Landeschef in Bayern angetreten, doch die Wahl wurde später wegen möglicher Manipulation für ungültig erklärt. Nun berichtet die Süddeutsche Zeitung über Äußerungen auf Facebook die Sichert zugeschrieben werden.

„In Facebook-Einträgen lobt der stellvertretende AfD-Landeschef Martin Sichert den Wehrmachtsgeneral Erwin Rommel als ‘eine der ehrenhaftesten Gestalten des Zweiten Weltkriegs’, schreibt von Ausländern, ‘die unsere Mentalität untergraben’ und fragt: ‘Warum sind es immer Türken, die Kanakensprache sprechen?’“

Zwar bekundete Bernd Lucke keine Extremisten in der Partei dulden zu wollen, aber die von Lucke vorgegeben programmatische Abgrenzung gegen rechts, wird dort offenbar eher als die Anbiederungen interpretiert.

Nach Aussagen der Süddeutschen Zeitung, distanzierte sich AfD-Landessprecher Michael Meister im Namen der AfD „von rechtsradikalem Gedankengut. Man habe Sichert deshalb zu einer Stellungnahme aufgefordert und behalte sich Konsequenzen vor.“

Weder gegenüber seinen Parteikollegen noch gegenüber der Süddeutschen Zeitung wollte sich Martin Sichert bislang äußern.

Update 16:38 Uhr:

Uns wurden diverse Facebook-Screenshots zugespielt. Dem Erscheinungsbild nach machen die Screenshots den Eindruck als stammten sie von hier. Ein Screenshot bezieht sich auf die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung und des Bayerischen Rundfunk. Dem Screenshot zu Folge hätten die Medien die Zitate aus dem Zusammenhang gerissen und dem Parteivorstand seinen die relevanten Texte in vollständigem Wortlauf zugängig gemacht worden.

Sollte ein Mitglied des bayerischen Parteivorstands oder Martin Sichert selbst hier mitlesen, bitten wir um Kontaktaufnahme.

Bayerischer Landesvorstand äußert sich zu „Chaos“-Vorwürfen

Wolf-Joachim Schünemann, nach erfolgloser Abwahl weiterhin Landesvorstand von Bayern, war in die parteiinterne Kritik geraten. Nun äußert er sich in einem Interview in der Augsburger Allgemeinen zu den Vorwürfen.

„Mir wurde als Vorstand im Vorfeld vorgeworfen, dass die Mitglieder zu wenig informiert und bei Entscheidungen mitgenommen wurden. In fünf Wochen seit der Gründung des Landesverbandes, der in diesem Zeitraum von 700 auf fast 2000 Mitglieder wuchs, war ich zusammen mit meinen Vorstandskollegen täglich auf Achse in Bayern. Es gab ja noch keinen, an den wir irgendetwas hätten delegieren können.“

Zum Parteitag beklagte Frank Neubauer die Zustände der innerparteilichen Demokratie.

„Es kann nicht sein, dass sich bei der AfD in Bayern putin-ähnliche Zustände abspielen.“

Neubauer behauptete, oppositionellen Stimmen in der Partei werde es schwer gemacht, sich zu vernetzen. Dem entgegnet Schünemann jetzt im Interview.

„Außerdem soll ich „Konkurrenten“ aus der Partei ausgeschlossen habe. Zum Zeitpunkt, als ich gegen drei Mitglieder ein Parteiausschlussverfahren beim Schiedsgericht beantragt habe, waren sie aber nicht als Konkurrent erkennbar, sondern nur durch ihr parteischädigendes Verhalten aufgefallen. Mit zwei davon führen wir nun Schlichtungsgespräche.“

Zuvor hatte sich Neubauer in einer Rundmail an Parteikollegen gewandt und darin das Demokratieverständnis des Vorstands angezweifelt. Schünemann hatte mit fünf Tagen Vorlauf die Gründung des Landesverbands auf den Ostersonntag gelegt. Zudem wurde eine Dreiviertelmehrheit zur Abwahl des Vorstands festgelegt.

„Obwohl das parteieigene Schiedsgericht festgestellt hatte, dass die ersten Wahlen vom 31. März vollkommen korrekt waren, wurde immer wieder behauptet, dass ich gegen Einladungsfristen verstoßen hätte oder dass der Landesvorstand nicht ordentlich gewählt war.“

Konstatiert Schünemann gegenüber der Augsburger Allgemeinen. In Bezug auf die Rundmail von Neubauer macht Schünemann einen Verstoß gegen den Datenschutz gelten, in dessen Zusammenhang er gegen Neubauer ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet hatte und ein Hausverbot für den Parteitag in Ingolstadt vorgesehen hatte.

„Es wurde auch gegen den Datenschutz verstoßen, indem missbräuchlich E-Mail-Adressen von Parteimitgliedern angeschrieben wurden, um sich selbst ins Gespräch zu bringen.“

Das parteiinterne Schiedsgericht gab hier allerdings Neubauer Recht.

„Und schließlich haben einige Mitglieder ohne Kenntnis oder Genehmigung der Partei ihre eigenen Internetforen aufgemacht. In diesen wurde teilweise auch das Parteilogo oder der Parteiname missbräuchlich benutzt. Außerdem präsentierten sich manche dort als Kandidaten für Vorstand und Bundestag.“

Gerade das letzte Statement von Schünemann zeigt, dass der Vorstand dem Kommunikationsbedürfnis der Parteimittglieder nicht gerecht wird und diese demzufolge das Heft selbst in die Hand nehmen möchten.

Zur Überprüfung Beitrittswilliger auf ihre Vergangenheit

Als AfD-Vorsitzender Bernd Lucke im Handelsblatt-Interview sagte, die AfD sei auch offen für NPD-Wähler, führte das zu einigen, äh… amüsanten Reaktionen seitens der Leserschaft und zu einem Statement des Handelsblattes. Wir hatten das Thema schon, allerdings fiel ein interessantes Detail ins Auge. Das Handesblatt zitiert Lucke:

„Ehemalige Mitglieder von NPD oder DVU lehnen wir generell als Mitglieder ab.“

Bei Ex-Republikanern würde jeder „Einzelfall“ in einem „persönlichen Gespräch“ geprüft.

Das ist interessant. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass eine solche Überprüfung für die Parteiverwaltung ein Ding der Unmöglichkeit ist. Ohne intensive Recherche funktioniert eine solche Überprüfung allenfalls bei bekannten Funktionären der NPD oder DVU und es ist reiner Zufall, ob Beitritte von Rechtsextremisten auffallen. Das überfordert auch wesentlich größere Parteien als die AfD. Es ist schwer vorstellbar, dass Bernd Lucke das nicht weiß. Behaupten tut er es trotzdem.

Mit NPD-Wählern in den Bundestag

In einem im heutigen Handelsblatt erscheinenden Interview äußert sich Bernd Lucke zu Protestwählern vom rechten Rand.

„Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD“

Gegenüber dem Focus hatte er noch betont, sich mit dem Wahlprogramm klar gegen rechts abgrenzen zu wollen.

„Denn wir grenzen uns in unserem Programm klar gegen rechts ab und bekennen uns offensiv zu Europa“

Er räumte dabei schon einzelne Unterwanderungsversuche nicht ausschließen zu können.

„Ich kann einzelne Unterwanderungsversuche nicht ganz ausschließen. Wir haben auf dem Parteitag unser Europa-freundliches Programm aber fast einstimmig verabschiedet. Wir haben inzwischen 8000 Mitglieder. Glauben Sie, dass ein paar Spinner dies unterwandern könnten?“

Auch in einem Interview im Tagesspiegel unterstrich Bernd Lucke, Extremisten nicht in den eignen Reihen dulden zu wollen.

„Es ist uns sehr wichtig, dass wir uns zu Extremisten jeder Art abgrenzen. Wir wollen keine Antisemiten in unseren Reihen haben, keine Rassisten und keine Ausländerfeinde. Wir haben ganz klare Vorstandsbeschlüsse, die in solchen Fällen einen Parteiausschluss vorsehen.“

Dem Handelsblatt sagt er im Weiteren.

„Ehemalige Mitglieder von NPD oder DVU lehnen wir generell als Mitglieder ab.“

Ex-Republikaner könnten nach persönlicher Prüfung, aber Mitglied werden. Dem aus dem Hamburger Landesverband ausgetretenen und vormaligen Bundestagskandidaten Sigurd Greinert zu Folge wurden „Mitglieder aus Parteien mit rechtspopulistischen Motiven unkontrolliert aufgenommen“. Offenbar gibt es zu dem Thema unterschiedliche Ansichten.