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Professorenpartei mit professorenfreundlicher Politik

Der Politikwissenschaftler und ehemaliger Rektor der Universität Freiburg Wolfgang Jäger befasst sich in einem Gastbeitrag bei der Badischen Zeitung mit dem Gründungsprogramm der „Alternative für Deutschland“. Er hält es schlicht für Klientelpolitik. Der Sohn von Bernd Lucke Friedrich Lucke gründet unterdessen in Freiburg eine AfD-Hochschulgruppe.

Die Pressemittelung der Hochschulgruppe, die auf Facebook veröffentlicht wurde, führt dies folgendermaßen aus:

„Seit geraumer Zeit macht die neue eurokritische „Professorenpartei“ Alternative für Deutschland von sich reden. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Professoren von morgen ebenfalls organisieren. Wie die nahestehende Partei hauptsächlich von Volkswirtschaftsprofessoren initiiert wurde, so sind auch in der ersten deutschen Hochschulgruppe der AfD vorwiegend VWL-Studenten engagiert.“

Im Weiteren wird angekündigt, dass der „Starökonom“ Prof. Dr. Bernd Lucke seinen Sohn spätesten nächstes Jahr in Freiburg besuchen wird, um dort eine Vortragsveranstaltung durchzuführen.

„Unterstützung fanden die Jungpolitiker durch den Doktoranden Elias Mößner, der als ehemaliger Vorsitzender der RCDS-Hochschulgruppe Freiburg den Gründungsprozess begleitet hat. Außerdem ist davon auszugehen, dass der Parteigründer und Starökonom Prof. Dr. Bernd Lucke spätestens im nächsten Jahr für eine Vortragsveranstaltung nach Freiburg kommt, um die hiesige Hochschulgruppe um seinen Sohn, den Schriftführer Friedrich Lucke, zu unterstützen.“

Jäger geht mit dem Auftreten der Partei hart ins Gericht. Dabei geht er auch auf die populistischen Züge der Partei ein, die nach seiner Auffassung dazu dienen soll, Protestwähler anzusprechen.

„Ein Gesicht der neuen Partei ist die Fratze der Demagogie. Der Vorsitzende attackiert die „erstarrten und verbrauchten Altparteien“; dazu zählen wohlgemerkt auch die Grünen. Die Gegner der Weimarer Republik sprachen verächtlich von den Systemparteien. Der deutsche Parlamentarismus wird vom Vorsitzenden als „erschreckend degeneriert“ abqualifiziert. Protestwähler sollen wohl emotional angesprochen werden.“

Im Hinblick auf die Kürze des Gründungsprogramms der AfD, ist es erstaunlich welchen Umfang das Universitätssystem einnimmt. In diesem Zusammenhang, darf man nicht vergessen, wie die AfD zu ihrem Programm gekommen ist. Es wurde von Oben per Akklamation diktiert, stand nicht zur Diskussion und kann nur mit einer Dreiviertelmehrheit geändert werden. Oben sitzt der Professor Bernd Lucke. Wolfgang Jäger wundert sich zudem, warum andere Hochschulen nicht Erwähnung im Programm finden.

„Der Verdacht der Klientelpolitik scheint im Passus über die Bildungspolitik auf, der nur vier Forderungen enthält: “bundesweit einheitliche Bildungsstandards”, die staatliche Stärkung der “Bildung als Kernaufgabe der Familie” sowie der Verantwortlichkeit der Eltern für Bildung und Erziehung der Kinder und schließlich ein “qualitativ hochwertiges Universitätssystem”. Andere Hochschulen werden nicht erwähnt. Als wichtig wird dabei die Möglichkeit der “Rückkehr zu bewährten Diplom- und Staatsexamensstudiengängen” genannt. Eine solche Priorität in einem nur zweiseitigen Programm kann wohl nur von konservativen Universitätsprofessoren formuliert worden sein, die die Welt aus der Perspektive einer Universitätsfakultät taxieren.“

Die „Professoren von morgen“ werden von der AfD umgarnt und man hat sich genau die Art der Politik auf die Fahne geschrieben, die Konrad Adam verurteilt: Politik für „Nettostaatsprofiteure“.

Konrad Adam, der möchtegern „Nettostaatsprofiteur“

Vor ein paar Jahren führte Konrad Adam in der Welt aus, was er von einem Entzug des Wahlrechts bei vom ihm als „Nettostaatsprofiteuren“ bezeichneten Personen halte. Ein Gastautor hatte das zuvor gefordert und eine Definition für „Nettostaatsprofiteure“ geliefert.

„In diese Kategorie gehören nach seiner Definition nicht nur die Beamten, die im Staat ihren Arbeitgeber sehen, und nicht nur alle diejenigen, die weniger für die Politik als von der Politik leben, die Mehrzahl der Berufspolitiker also, sondern auch und vor allem die Masse der Arbeitslosen und der Rentner.“

Diese hätten gar kein Interesse an einem schlanken Staat, da sie ja direkt und in schmarotzender Weise von ihm abhängig sind. Zudem hätten sie auch ein Interesse Politiker im Amt zu halten, die ihnen die Zuwendungen eher aufstocken denn kürzen.

„Vor diesem Hintergrund klingt die Anregung, den Inaktiven und Versorgungsempfängern das Wahlrecht abzuerkennen, provokativer, als sie tatsächlich ist.“

Er führt dann aus, dass noch vor der industriellen Revolution die Fähigkeit, für sich und die Seinen zu sorgen als Voraussetzung für das Wahlrecht galt und mit der industriellen Revolution aufgegeben wurde. Das beklagt er im Weiteren offensichtlich.

„Ob das ein Fortschritt war, kann man mit Blick auf die Schwierigkeiten, die der deutschen Politik aus ihrer Unfähigkeit erwachsen sind, sich aus der Fixierung auf unproduktive Haushaltstitel wie Rente, Pflege, Schuldendienst und Arbeitslosigkeit zu befreien, mit einigem Recht bezweifeln.“

Ob staatliche Eingriffe in Form von Klientelpolitik wie der Steuervergünstigung für Hoteliers oder das Leistungsschutzrecht für Presseverleger, was ohne Legitimation geschaffen wurde, produktiv sind, kann ebenso bezweifelt werden.

„Der Anspruch, hier und heute gut zu leben, untergräbt den Willen zur Zukunft und zwingt die Politik, dem aktiven, aber schrumpfenden Teil der Bevölkerung zugunsten eines beständig wachsenden, aber unproduktiven Teils immer größere Opfer abzuverlangen. Auf diesem Weg ist Deutschland ziemlich weit vorangekommen.“

Kürzlich gab Konrad Adam Spiegel Online ein Interview. Auf die Frage, ob er in den Bundestag einziehen möchte, antwortete er:

„Wenn sich die Möglichkeit ergibt – warum nicht?“

Er hegt selbst also den Wunsch „Nettostaatsprofiteur“ zu werden und seinen Parteikollege Professor Bernd Lucke ist nach diesem Verständnis längst einer. Gut, man kann jetzt sagen, der Text ist jetzt ein paar Jahre alt und Konrad Adam hat seine Meinung bestimmt geändert. Ware dem nicht so, müsste er jetzt schon konsequenterweise die Bundestagskandidatur von Bernd Lucke anprangern. Folgt man allerdings seinen Ausführungen, ist von Bernd Lucke kein verantwortlicher Gebrauch des Wahlrechts zu erwarten. Von ihm selbst allerdings auch nicht, sobald er in den Bundestag einzöge.

Denn wenn man den Gedanken weiter spinnt, fällt auf: mit einem Entzug des Wahlrechts für die definierten Personengruppen müssten alle Landtage und der Bundestag bei Wahlen komplett neu besetzt werden, da jeder Politiker mit der Erlangung des Mandats sein passives Wahlrecht logischer Weise verliert.

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