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Das Märchen von der disziplinierten und gar nicht chaotischen Alternative

„Im Dialog“ mit Alfred Schier fragt dieser Bernd Lucke, ob er nicht Angst habe als Ein-Themenpartei wie die Piratenpartei schnell wieder abgeschrieben zu sein.

„Nein, nicht wirklich. Also zum einen sind wir strukturell ganz unterschiedlich gegenüber den Piraten. Die Piraten haben oft so ein chaotisches Verhalten an den Tag gelegt. Das ist bei uns eigentlich ganz anders. Wir haben eine sehr disziplinierte und sehr geschlossene Mitgliedschaft. Wir sind uns einig in unseren Zielen und diese Ziele sind eben nicht nur das eine Thema, zudem wir ständig befragt werden. Und weil wir ständig zu diesem einen Thema gefragt werden, werden wir vielleicht als Ein-Themenpartei angesehen.“

Hier divergiert die Darstellung von Lucke von der tatsächlichen Situation in den Landesverbänden, die er selbst auch besser kennt und als „massive Konflikte in mehreren Landesverbänden“ bezeichnet. Die Piraten fielen durch chaotische Personalquerelen auf, doch die AfD steht ihr in diesem Bezug um nichts nach. Im Gegenteil, Personalquerelen waren in der Piratenpartei in den ersten Jahren eher selten. Derzeit brodelt es in den Landesverbänden von Bayern, Berlin und Niedersachsen so stark, dass notfalls gesamte Landesvorstände zurücktreten und neu gewählt werden müssten – quasi par Ordre du Mufti Lucke.

Vom Bayerischen Rundfunk befragt, äußert sich ein Anwesender des Parteitags der bayerischen AfD in Ingolstadt.

„Schlimmer geht es nicht, wenn Amateure versuchen eine Partei zu gründen. Und sich vorher nicht erkundigen, wie man das macht. Und wie die Formularien sind; wie sie abzulaufen haben; ist das so was von hirnrissig, dass man sagen kann, dass kann nur schief gehen.“

Die Behauptung, die Mitgliedschaft wäre sehr diszipliniert und sehr geschlossenen, ist wohl einfach ein Märchen, das Bernd Lucke über seine Partei verbreiten möchte.

[Update] Bayern: Schwere Vorwürfe gegen fast Landeschef Martin Sichert

Martin Sichert war zur Wahl als Landeschef in Bayern angetreten, doch die Wahl wurde später wegen möglicher Manipulation für ungültig erklärt. Nun berichtet die Süddeutsche Zeitung über Äußerungen auf Facebook die Sichert zugeschrieben werden.

„In Facebook-Einträgen lobt der stellvertretende AfD-Landeschef Martin Sichert den Wehrmachtsgeneral Erwin Rommel als ‘eine der ehrenhaftesten Gestalten des Zweiten Weltkriegs’, schreibt von Ausländern, ‘die unsere Mentalität untergraben’ und fragt: ‘Warum sind es immer Türken, die Kanakensprache sprechen?’“

Zwar bekundete Bernd Lucke keine Extremisten in der Partei dulden zu wollen, aber die von Lucke vorgegeben programmatische Abgrenzung gegen rechts, wird dort offenbar eher als die Anbiederungen interpretiert.

Nach Aussagen der Süddeutschen Zeitung, distanzierte sich AfD-Landessprecher Michael Meister im Namen der AfD „von rechtsradikalem Gedankengut. Man habe Sichert deshalb zu einer Stellungnahme aufgefordert und behalte sich Konsequenzen vor.“

Weder gegenüber seinen Parteikollegen noch gegenüber der Süddeutschen Zeitung wollte sich Martin Sichert bislang äußern.

Update 16:38 Uhr:

Uns wurden diverse Facebook-Screenshots zugespielt. Dem Erscheinungsbild nach machen die Screenshots den Eindruck als stammten sie von hier. Ein Screenshot bezieht sich auf die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung und des Bayerischen Rundfunk. Dem Screenshot zu Folge hätten die Medien die Zitate aus dem Zusammenhang gerissen und dem Parteivorstand seinen die relevanten Texte in vollständigem Wortlauf zugängig gemacht worden.

Sollte ein Mitglied des bayerischen Parteivorstands oder Martin Sichert selbst hier mitlesen, bitten wir um Kontaktaufnahme.

Bayerischer Landesvorstand äußert sich zu „Chaos“-Vorwürfen

Wolf-Joachim Schünemann, nach erfolgloser Abwahl weiterhin Landesvorstand von Bayern, war in die parteiinterne Kritik geraten. Nun äußert er sich in einem Interview in der Augsburger Allgemeinen zu den Vorwürfen.

„Mir wurde als Vorstand im Vorfeld vorgeworfen, dass die Mitglieder zu wenig informiert und bei Entscheidungen mitgenommen wurden. In fünf Wochen seit der Gründung des Landesverbandes, der in diesem Zeitraum von 700 auf fast 2000 Mitglieder wuchs, war ich zusammen mit meinen Vorstandskollegen täglich auf Achse in Bayern. Es gab ja noch keinen, an den wir irgendetwas hätten delegieren können.“

Zum Parteitag beklagte Frank Neubauer die Zustände der innerparteilichen Demokratie.

„Es kann nicht sein, dass sich bei der AfD in Bayern putin-ähnliche Zustände abspielen.“

Neubauer behauptete, oppositionellen Stimmen in der Partei werde es schwer gemacht, sich zu vernetzen. Dem entgegnet Schünemann jetzt im Interview.

„Außerdem soll ich „Konkurrenten“ aus der Partei ausgeschlossen habe. Zum Zeitpunkt, als ich gegen drei Mitglieder ein Parteiausschlussverfahren beim Schiedsgericht beantragt habe, waren sie aber nicht als Konkurrent erkennbar, sondern nur durch ihr parteischädigendes Verhalten aufgefallen. Mit zwei davon führen wir nun Schlichtungsgespräche.“

Zuvor hatte sich Neubauer in einer Rundmail an Parteikollegen gewandt und darin das Demokratieverständnis des Vorstands angezweifelt. Schünemann hatte mit fünf Tagen Vorlauf die Gründung des Landesverbands auf den Ostersonntag gelegt. Zudem wurde eine Dreiviertelmehrheit zur Abwahl des Vorstands festgelegt.

„Obwohl das parteieigene Schiedsgericht festgestellt hatte, dass die ersten Wahlen vom 31. März vollkommen korrekt waren, wurde immer wieder behauptet, dass ich gegen Einladungsfristen verstoßen hätte oder dass der Landesvorstand nicht ordentlich gewählt war.“

Konstatiert Schünemann gegenüber der Augsburger Allgemeinen. In Bezug auf die Rundmail von Neubauer macht Schünemann einen Verstoß gegen den Datenschutz gelten, in dessen Zusammenhang er gegen Neubauer ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet hatte und ein Hausverbot für den Parteitag in Ingolstadt vorgesehen hatte.

„Es wurde auch gegen den Datenschutz verstoßen, indem missbräuchlich E-Mail-Adressen von Parteimitgliedern angeschrieben wurden, um sich selbst ins Gespräch zu bringen.“

Das parteiinterne Schiedsgericht gab hier allerdings Neubauer Recht.

„Und schließlich haben einige Mitglieder ohne Kenntnis oder Genehmigung der Partei ihre eigenen Internetforen aufgemacht. In diesen wurde teilweise auch das Parteilogo oder der Parteiname missbräuchlich benutzt. Außerdem präsentierten sich manche dort als Kandidaten für Vorstand und Bundestag.“

Gerade das letzte Statement von Schünemann zeigt, dass der Vorstand dem Kommunikationsbedürfnis der Parteimittglieder nicht gerecht wird und diese demzufolge das Heft selbst in die Hand nehmen möchten.

„putin-ähnliche Zustände“ in der bayerischen AfD

Am gestrigen Samstag trafen sich Mitglieder der AfD in Ingolstadt. Dabei wurde auch der Konflikt zwischen dem Vorstandsvorsitzenden Wolf-Joachim Schünemann und Frank Neubauer, dem Kreisvorsitzenden von Erlangen, auf offener Bühne ausgetragen. Wolf-Joachim Schünemann hatte angestrengt Neubauer per Parteiausschlussverfahren und Hausverbot vom Parteitag fern zu halten. Nach Ansicht von Schünemann hatte er mit dem Verbreiten von Emails, die die Zustände in der Partei kritisierten, gegen das Datenschutzgesetz verstoßen. Ein Schiedsgericht der AfD erteilte dieser Ansicht jedoch eine Abfuhr. So konnte Frank Neubauer erneut die Zustände der innerparteilichen Demokratie anprangern: „Es kann nicht sein, dass sich bei der AfD in Bayern putin-ähnliche Zustände abspielen.“

Eigentlich sollte auf dem Parteitag ein neuer Vorstandsvorsitzender gewählt werden. Schünemann war in Ungnade gefallen, da er den vorherigen Parteitag mit fünf Tagen Vorlauf auf den Ostersonntag gelegt hatte. Ihm wurde Postenhuberei vorgeworfen und angeblich steckten er und andere Vorstandskollegen in Geldnöten. „Ich stehe dazu, dass 2011 meine Firma 13.884 Euro Verlust gemacht hat.“, räumte Schünemann nach langem Schweigen ein. Der stellvertretende Landesvorsitzende, Fritz Schladitz bestätigte privat insolvent gewesen zu sein, dies aber überwunden zu haben. Er verwies auf seine drei Mercedes vor der Tür.

Zur Abwahl Schünemann kam es dann doch nicht, obwohl der 32-jährige Martin Sichert schon als Nachfolger gewählt worden war. Denn die Wahlkommission erklärte das Ergebnis der Abstimmung im Nachhinein für ungültig. Wahlzettel bereits abgereister Mitglieder könnten von anderen genutzt worden sein, um das Wahlergebnis zu manipulieren. Der alte Vorstandsvorsitzende bleibt bis auf weiteres im Amt. Rückendeckung bekam Schünemann von Bernd Lucke, der eine Schlichtungskommission zur Beilegung innerparteilicher Konflikte vorschlug. Mit den Worten, „Wer viel arbeitet, macht auch Fehler“, relativierte Lucke die Verfehlungen von Schünemann.

Der Bezirksvorsitzende von Oberfranken, Franz Eibl, konstatierte zu dem Konflikt, „aber jetzt bin ich beschämt, dass es zu einer persönlichen Schlammschlacht gekommen ist. Da hätten wir auch bei anderen Parteien bleiben können.“

Bezüglich der Landtagswahl warnte Bernd Lucke vor einer Teilnahme. Die AfD wäre in Bayern nicht verwurzelt und er sei nicht bereit dieses Risiko einzugehen. Zu dem helfe es wenig, wenn ein Landeskandidat, „über Milchprämien und Agrarsubventionen redet“. Das, so Lucke, „lenkt von unseren zentralen Themen ab und verwässert unsere Botschaft.“ Die Vorgabe fand Niederschlag im Abstimmungsverhalten: die AfD tritt in Bayern nicht zur Landtagswahl an.

Quellen: Süddeutsche Zeitung, Junge Freiheit

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Hausverbote und Streit in AfD-Landesverbänden

In wenigsten zwei Landesverbänden rumort es an der Spitze. In Berlin und Bayern kommt es jeweils wenige Tage nach ihrer Verbandsgründung zu Querelen in der Führungsriege. Dabei scheinen Hausverbote als Mittel der Wahl, um dem eigenen politischen Willen Ausdruck zu verleihen, opportun.

In Berlin wurde der Landesgeschäftsführer Mathias Goldstein, wie der Verband am Freitag mitteilte, von seinen Aufgaben entbunden. Zum Problem wurden „Verquickungen von Partei und Familie“, da die Vorstandssitzung am Montagabend in den Räumlichkeiten von Annette Goldsteins Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stattfand. Dem Tagesspiegel ist diesbezüglich zu entnehmen:

„Offenbar gab es Auseinandersetzungen über die Themenverteilung im Vorstand und die Sitzungsleitung. Nachdem sie sich nicht durchsetzen konnte, hatte Goldstein nach Teilnehmerangaben von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht und die anderen Vorstandsmitglieder der Räume verwiesen.“

Dennoch soll sich Anette Goldstein „künftig verstärkt auf die Ausarbeitung inhaltlicher Positionen konzentrieren.“ Der Verband sucht derweil nach neuen Räumlichkeiten.

In Bayern hatte der damalige Landesbeauftragte der AfD Wolf-Joachim Schünemann mit gerade mal fünf Tagen Vorlauf und zudem am Ostersonntag zur Gründung des bayerischen Landesverbandes nach Ebersberg eingeladen. Rechtlich mag das zwar in Ordnung sein, doch Frank Neubauer, Kreisvorsitzender von Erlangen, mutmaßte, Schünemann wollte durch die Terminwahl Konkurrenten fernhalten. Dabei ging es auch um das Sichern aussichtsreiche Listenplätze rund um Schünemann. Nicht mal 150 von 1800 Mitgliedern der bayerischen AfD kamen in Ebersberg zusammen und wählten dann prompt Wolf-Joachim Schünemann zum Vorstandsvorsitzenden.

Ebenso wie das Wahlprogramm der AfD im Bund sieht die Abwahl des Vorstands in Bayern eine Dreiviertelmehrheit vor. Das hält Neubauer für „einen Affront gegenüber der innerparteilichen Mitbestimmung“ und dies rege auch „Zweifel am demokratischen Verständnis“ des AfD-Vorstands, wie ihn die Süddeutsch Zeitung wiedergibt.

„Als Neubauer diese Zweifel in einer Rundmail an Parteikollegen öffentlich machte, leitete Schünemann am Mittwoch ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn ein und erteilte ihm Hausverbot für den Parteitag in Ingolstadt. Die Begründung: Neubauer habe beim Versenden der E-Mails gegen das Datenschutzgesetz verstoßen. Darüber beschwerte sich Neubauer beim AfD-Schiedsgericht. Mit Erfolg: Die Richter hoben das Hausverbot am selben Tag wieder auf.“

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