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Rechte Spinner und 99% tadellose Bürger

Bernd Lucke war bei Alfred Schier „im Dialog“. In dieser Politsendung unterstellte Schier, es wären in der Partei „jede Menge Spinner dabei“ und will von Bernd Lucke wissen, wie er verhindern möchte nicht zum Sammelbecken für Rechtsextremisten zu werden.

„Zunächst einmal, es sind überhaupt nicht viel Spinner dabei. Es ist eine Handvoll, vielleicht von Spinnern dabei. Das ist natürlich unvermeidlich, dass wir auch solche Leute anziehen. Aber wirklich 99% unserer Mitglieder sind tadellose Bürger, die voll im Leben stehen – viel mehr im Leben stehen als manche Parteikarrieristen, die sich in anderen Parteien tummeln. Es ist natürlich so, dass es auch diese wenigen Spinner gibt. Gibt zum Teil nur harmlose Spinner und zum Teil es gibt dann auch Leute, die aus rechtsextremen Parteien kommen…“

Da versucht die AfD schon die Aufnahme zu verhindern, indem sie nach vormaligen Parteimitgliedschaften fragt. Nach eigenem Bekunden zählt die AfD derzeit etwa 11.500 Mitglieder. Folgt man der von Lucke in den Raum gestellten und unbelegten Zahl von 99%, dann fallen selbst dann über hundert Mitglieder, in die Kategorie „Spinner“. Aber es wären ja vielleicht nur eine Handvoll Spinner. Vielleicht weiß Lucke auch gar nicht so genau, was in seiner Partei los ist und kann diesbezüglich gar keine belastbare Aussage machen.

Viel interessanter ist allerdings die Behauptung, es sei „natürlich unvermeidlich, dass wir auch solche Leute anziehen.“ Heribert Prantl bringt seine Meinung über die Parteigründung der AfD folgendermaßen zum Ausdruck.

„Die “Alternative” ist, wie es Parteineugründungen fast immer sind, vorerst ein suspektes Sammelbecken sowohl von gescheiten als auch von gescheiterten Menschen.“

Insofern teilt er in gewisser Weise die Einschätzung von Lucke. Wenn man sich dann aber Äußerungen von Lucke wie im Streitgespräch mit Dennis Snower ansieht, fällt auf wie er Ressentiments schürt, die gerade von rechts beklatscht werden.

„Es soll doch jeder nach seiner Façon glücklich werden! Wenn die Arbeitsmoral in anderen europäischen Ländern nicht der deutschen entspricht, dann sollen die Leute dort so arbeiten, wie sie wollen.“

Es wurde nachgefragt.

„Glauben Sie, dass die Arbeitsmoral in Südeuropa schlechter ist?“

Lucke bekräftigte.

„Ja, ganz klar. Aber lassen wir die Menschen doch so leben, wie es sie glücklich macht. Wenn die Menschen in diesen Ländern weniger und entspannter arbeiten wollen und dafür weniger Wohlstand in Kauf nehmen, bitte schön. Das eigene Glück zu verfolgen ist doch ein elementares Recht jedes Volks. Wenn wir Deutschen andere Länder respektieren wollen, sollten wir ihnen zugestehen, wieder so zu leben, wie sie es wollen.“

Zudem ist es nicht ersichtlich, warum Lucke ausgerechnet an dieser Stelle, der These über die Faulheit anderer Länder von Merkel folgt. Gibt es Zahlen, die diese Behauptung belegen, oder ist dies nicht als Märchen widerlegt?

Lucke spricht viel davon, die Südländer müssten wieder wettbewerbsfähig gegenüber Deutschland werden. Dass die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland auch mit einer massiven Ausweitung des Niedriglohnsektors, einer Subventionierung von Unternehmen in diesem Bereich und einer Stagnation der Reallohnentwicklung erkauft wurde, spart Lucke aus. Von europäischen Nachbarn wurde Deutschland Lohn- und Sozialdumping auf Kosten der Partnerländer vorgeworfen. Es ist daher auch wenig verwunderlich, wenn dies an der deutschen Arbeitnehmerschaft nicht spurlos vorübergeht.

 

Diskussionsfreies alternatives Demokratieverständnis

Vor ein paar Wochen hat sich die „Alternative für Deutschland“ gegründet, da sie den Kurs der Bundesregierung in Bezug auf den Euro für falsch hält. Gleichfalls wird kritisiert, dass die Kanzlerin ihre Politik als alternativlos darstellt und damit jegliche Diskussion abwürgt. Die Abgeordneten wüssten noch nicht einmal, worüber sie etwa beim ESM abgestimmt haben.

Auf dem Gründungsparteitag der Partei führte Bernd Lucke das in seiner Rede aus.

„Volksherrschaft, meine Damen und Herren, geht anders! Demokratie geht anders! Einst ist Willy Brandt ausgezogen, um mit Deutschland mehr Demokratie zu wagen. Lassen Sie es uns genauso tun. Lassen Sie uns Willy Brandts Vorbild folgen und wagen wir mehr Demokratie in Deutschland. Mehr Volksherrschaft in Deutschland. Lassen Sie uns mehr Demokratie wagen mit der „Alternative für Deutschland““, Bernd Lucke

Im Polittalk „Unter den Linden“ wurde er noch deutlicher und beklagt die Diskussionskultur in der CDU und der SPD.

„Sie wissen ja, dass Frau Merkel das Diktum der Alternativlosigkeit für ihre Politik geprägt hat. Und das finde ich schon mal sehr bedenklich. Denn Alternativlosigkeit heißt ja – wir diskutieren erst gar nicht. Und so ist die Diskussionskultur in der CDU und der SPD. Da wird der Kurs von Oben vorgegeben und es findet eigentlich keine Diskussion statt. Es gibt eine Hand voll von Abweichlern im Bundestag, aber eine richtige Diskussion habe ich überhaupt nicht erlebt. Und diese Diskussion wollen wir gerne befördern mit der „Alternative für Deutschland““, Bernd Lucke

Nur über den Inhalt des Wahlprogramms sollte offensichtlich nicht diskutiert werden. Da wird der Kurs einfach von Oben vorgegeben, ist alternativlos und steht schon gleich gar nicht zur Diskussion.

„Mehr als 1400 AfD-Mitglieder sind nach Berlin zum Gründungsparteitag gekommen. Erst später, am Nachmittag, wenn die Parteiführung gewählt ist, sollen sie Gelegenheit bekommen, das Wahlprogramm zu ändern. Damit auch hier nichts aus dem Ruder läuft, lässt Lucke das Plenum eine Hürde beschließen: Änderungen am mehr oder weniger nebenbei verabschiedeten Wahlprogramm soll es nur mit 75-prozentiger Mehrheit geben. Lucke spricht von einem „eindrucksvollen Zeugnis der Geschlossenheit“. Eine Gegenrede gibt es auch an dieser Stelle nicht.“, Hubertus Volmer

Ob die anwesenden Parteimitglieder tatsächlich wussten, worüber sie abgestimmt haben?

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